Rosenkranzgebet reinigt Kleinwagen


DAHLEM, 8. Februar (eigener Bericht). In diesem teilweise gereinigten Zustand fand heute morgen ein Dahlemer Bürger sein Fahrzeug vor, nachdem es noch gestern vollständig verschmutzt gewesen war. Offenbar hatten zuvor Unbekannte über Monate hinweg Nacht für Nacht jeweils geringe Mengen schmutziger Substanzen auf dem ursprünglich strahlend gelben Wagen angebracht, bis er schließlich über und über davon bedeckt war.

Die Polizei war schon vor einiger Zeit auf den verschmutzten Pkw in dem Berliner Villenvorort aufmerksam geworden und hatte zunächst gemutmaßt, daß es sich um einen Streich alkoholisierter Jugendlicher gehandelt habe. Als der Verschmutzungsgrad jedoch kontinuierlich zunahm, wurde klar, daß es sich um eine geplante und regelmäßig durchgeführte Tat handeln mußte. Da der Allgemeine Studierendenausschuß (AStA) der Freien Universität nur wenige Meter vom Tatort entfernt seinen Sitz hat, stehen nun linksautonome Kreise im Fokus der Ermittlungen.

Die polizeilichen Untersuchungen scheinen jedoch nun von den Ereignissen überholt zu werden: Der Besitzer des Wagens, Professor Helmut Dunkelmann, glaubte nie an Vandalismus: „Welcher Vandale wäre denn so blöd, jede Nacht unter Gefahr des Entdecktwerdens an das Auto zu schleichen und ein bißchen Dreck zu verteilen? Wenn ich ein Vandale wäre, würde ich einmal kommen und die Karre gescheut verdrecken.“

Auch das Haus Dunkelmanns wird seit vielen Jahren nachts
von Dämonen heimgesucht, die die Fassade beschmutzen,
den Putz von den Wänden schlagen, auf dem Dach
Moos anpflanzen und den Garten verwahrlosen.
Der burschikose Mediävist war vielmehr schon bald überzeugt, daß es sich um Dämonenbefall handeln müsse, der sich an der kontinuierlichen Deterioration des Äußeren seines Kleinwagens erweise. Immerhin sei an seinem anderen Auto, einem Jaguar in British Racing Green, den er genau wie die Garage, in der die Limousine sich stets befindet, hat segnen lassen, kein Stäubchen zu sehen.

Seiner Tochter, die den schmutzigen kleinen Gelben sonst fährt, sich aber seit August zum Studium in den USA aufhält, sagte er erst einmal nichts von seiner Vermutung, wandte sich statt dessen an die in der Nähe befindliche Kapelle der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX), deren Anhänger er seit Jahren ist, und stiftete eine Meßnovene zur Entsühnung des Autos. „Einen Exorzismus fand ich für den Anfang too much“, so der smarte Mitfünfziger. „Aber um ganz sicherzugehen habe ich am Sonntag Septuagesima (5. Sonntag im Jahreskreis, Anm. d. Red.) nach der Messe zusätzlich noch alle zu einem Rosenkranzkreuzzug aufgerufen.“

Und tatsächlich: als die letzte Messe der Novene gelesen war, fand der traditionalistische Witwer seinen Fiat im oben abgebildeten Zustand vor – der Belag ist aufgebrochen, an manchen Stellen ist die Schmutzschicht kaum noch vorhanden. „Ich bin der Gottesmutter für ihre Hilfe unendlich dankbar!“ strahlt Dunkelmann überglücklich. Seinen Rosenkranzkreuzzug will er nun mit gleicher Intensität fortführen, damit das Auto am Ende der Großen Fasten nach den Gesetzen der Heilsmechanik wieder blitzblank ist und Dunkelmanns Nachbarn zu Ostern einen anständigen Anblick bietet.

Aus der Kapelle der Piusbruderschaft, die sich nicht weit von Dunkelmanns Haus neben einer Tankstelle mit Waschstraße befindet, war heute noch keine Stellungnahme zu bekommen.

1 Kommentar:

  1. Achtung! Die Tiberente ist stets ehrlich interessiert an Einblicken in die Lebenskontexte der Menschen an den Rändern. Wir würden uns deshalb sehr freuen, wenn sich diejenigen, die die oben abgebildete Tat zu verantworten haben, bei uns meldeten und uns hülfen, ein Interview oder eine Reportage über ihre Gedanken und Motive zu verfertigen. Wir garantieren Informantenschutz und wohlwollende Berichterstattung.


    Wir bitten auch unsere Leser herzlich um Hinweise auf die Täter, die selbstverständlich vertraulich behandelt und nur im Rahmen unserer journalistischen Arbeit genutzt werden.

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